Wie kommt man eigentlich an die Information, ob jemand festgenommen wurde und wo er gegebenenfalls in Haft gehalten wird?
Diese Frage stellen sich nicht selten die Angehörigen von vermissten Personen.

In den letzten Wochen haben sich hier die Anfragen besorgter Ehefrauen und Geschwister gehäuft, die von mir Unterstützung bei der Suche nach ihrem Mann bzw. Bruder erbitten. Das liest sich dann etwa so:

Sehr geehrter Herr Hoenig,

Mein Mann war in Frankreich, er sollte schon letzte Woche zurück sein. Frankreich will oder darf mir keine Auskunft geben. Ich weiss nicht, wo mein Mann ist. Kein Kontakt seit über einer Woche. Sollte er in Berlin zurück sein, dann mit Sicherheit im Gefängnis. Es lag ein Haftbefehl vor.

Im Gefängnis Moabit habe ich mehrere Stunden heute versucht zu sprechen. Keiner antwortet. Wie erfahre ich wo er ist und wie es ihm geht. Haben Sie einen Rat für mich, bitte.

Aus der eMail einer besorgten Ehefrau

Mit diesen knappen Informationen kann man nur wenig bis nichts erreichen. Die Ehefrau ist im Grunde dazu verdammt, auf die Kontaktaufnahme durch ihren Mann zu warten.

Informationspflicht

In der Regel fragt der Richter, dem ein Festgenommener (jedenfalls in Deutschland) binnen maximal 48 Stunden vorgeführt werden muss, ob jemand von der Verhaftung benachrichtigt werden soll. Nicht in jedem Fall kann man sich aber auch darauf verlassen, dass diese Benachrichtigung den gewünschten Empfänger tatsächlich erreicht – wenn es denn überhaupt gewünscht ist.

Sofern dann der Verteidiger beim Haftbefehlsverkündungstermin nicht nachfragt und aktiv wird, bleibt der Aufenthaltsort für längere Zeit unbekannt.

Keine Auskunft von der JVA

Eine Anfrage in der (vermuteten) Haftanstalt wird in der Regel nicht beantwortet. Es werden – nicht ganz zu Unrecht – datenschutzrechtliche Gründe dafür angeführt. Etwaig vorhandene gute Beziehungen, diesen Datenschutz zu umgehen, sollte ein Verteidiger nur im äußersten Notfall bemühen.

Schwache Empfehlung

Ein Strohhalm ist aber der folgende Versuch, den ich oft schon empfohlen habe:

Eine Möglichkeit zur Kontaktaufnahme besteht für Sie darin, Ihrem Mann einen Brief zu schreiben und ihn zu bitten, sich mit Ihnen (ggf. über seinen Verteidiger) in Verbindung zu setzen.

Die Adresse und weitere Informationen zur Korrespondenz finden Sie hier: http://www.jva-moabit.de/zugang/post-pakete/

Kommt der Brief zurück, wissen Sie, dass Ihr Mann nicht in der JVA Moabit sitzt.

Anderenfalls besteht zumindest die Chance, dass er und/oder sein Verteidiger sich bei Ihnen melden wird.

Aus meiner Textbausteinsammlung

Verschubung? Dann dauert’s!

In dem konkreten Fall, in dem die vermutete Festnahme weit weg von Moabit erfolgt ist, wäre es nicht sinnvoll, zeitnah an die Haftanstalt zu schreiben. Auch dafür habe ich einen Hinweis:

Berücksichtigen Sie aber, dass der Transport (die „Verschubung“) von dem Ort seiner Festnahme nach Moabit durchaus bis zu 2 Wochen (oder länger) dauern kann, in denen eine Kontaktaufnahme nahezu ausgeschlossen ist. Mit dem Briefschreiben sollten Sie daher noch ein paar Tage abwarten.

Aus meiner Textbausteinsammlung

Auslieferung? Dann dauert’s länger!

Noch problematischer mit einer Kontaktaufnahme wird es, wenn die Festnahme nicht durch eine deutsche, sondern durch eine ausländische Behörde erfolgt ist. Denn dann startet erst einmal ein Auslieferungsverfahren und das wird dann dauern …

Kein Rezept

Es ist und bleibt unbefriedigend für Angehörige, wenn der Ehemann, Vater oder Bruder (meist sind Männer „verschwunden“) gesucht wird und man nicht weiß, von wem und wo er festgehalten wird. Ich habe dafür auch kein richtiges Rezept.

_{Image by Alfred Grupstra from Pixabay}