Rechtsanwalt Hoenig

Das Weblog des Strafverteidigers

23. August 2021

Gestelzte Bayerinjustiz

Eine unschöne zivilrechtliche Auseinandersetzung zwischen zwei zerstrittenen Gesellschaftern endete erst mit der Klageabweisung und der Insolvenz des Unternehmens, um anschließend auf straf- und berufsrechtlichem Gebiet weiter zu eskalieren.

Die Rechtsanwältin, die den unterlegenen Gesellschafter vertreten hatte, erstattete nach der Abweisung der Klage diverse Strafanzeigen – zunächst nur gegen den Gegner.

Das reichte ihr aber nicht, sie holte aus zum

Rundumschlag.

Erst erfolgte eine Strafanzeige auch gegen den Kollegen wegen angeblichen Prozessbetrugs (§ 263 StGB) und als Zugabe noch wegen Parteiverrats (§ 356 StGB). Und dann fehlte nur das hier:

Damit war es dann komplett.

Die Mühlen der bayerischen Justiz kamen in Bewegung. Erst rührten sich die „normalen“ Ermittlungsbehörden, ermittelten hier, forschten dort und stellten fest: Es gibt nichts, was man strafrechtlich verfolgen könnte, aber auch gar nichts. Die Verfahren wurden nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt und die Einstellung – nach Ziffer 88 RiStBV auf Antrag des Verteidigers – ausführlich begründet.

Da die Rechtsanwältin den Kollegen aber auch bei der Rechtsanwaltskammer denunziert hatte, wollten jetzt auch die Berufsrechtsermittler aktiv werden. Dafür beabsichtigten sie, auf die Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft zurückzugreifen.

Generalstaatsanwaltschaft ist Ermittlungs- und Anschuldigungsbehörde

Da dies ein förmliches Verfahren voraussetzt, für das (auch hier in Berlin) die Generalstaatsanwaltschaft zuständig ist, war eine förmliche Bitte um Aktenüberlassung erforderlich. Die bayerischen Generäle haben sich dafür diese wohlklingende Formulierung einfallen lassen.

Ich finde es bewundernswert, dass es den Bayern bei aller Fortschrittlichkeit im Übrigen immer wieder gelingt, uralte Traditionen und gedrechselte Sprachen zu bewahren. Selbst dann, wenn es doch reichlich gestelzt klingt.

Der Vollständigkeit halber:

Auch das Kammerverfahren wurde eingestellt. Und der Kollege verzichtet meinen Rat folgend, jetzt die Retourkutsche einzuspannen. Das ist diese „Rechtsanwältin“ nicht wert.

Image by Herbert Aust from Pixabay

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